Internationales Jahr der Wälder: Waldführung 'Naturnahe Waldwirtschaft'

Im Internationalen Jahr der Wälder 2011, ausgerufen von den Vereinten Nationen, um weltweit auf die Bedeutung der Wälder für Artenvielfalt, Artenschutz, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit aufmerksam zu machen und so auf allen Ebenen zum Schutz der Wälder beizutragen, hat die BUND-Ortsgruppe Weinstadt am 9.9.2011 zu einer Waldführung zum Thema 'Naturnahe Waldwirtschaft' eingeladen und hierfür Herrn Münz vom 'Kommunalen Forstrevier Buocher Höhe' gewonnen, diese Führung durchzuführen. Herr Münz betreut die kommunalen Wälder von Waiblingen, Korb, Weinstadt und Remshalden.
Um 17.00 Uhr startete die Gruppe von 12 Interessierten zusammen mit Herrn Münz vom Wanderparkplatz Gundelsbach zu einem fast dreistündigen Rundgang im Gundelsbacher Tal. An verschiedenen charakteristischen Stellen erläuterte und zeigte Herr Münz in seiner hochinteressanten Führung Grundsätze einer modernen naturnahen Waldwirtschaft. Gleich am Waldrand konnten die Teilnehmer zwei ca. 250 Jahre alte Eichen bestaunen, die als Naturdenkmal ausgewiesen sind und somit auch in Zukunft als Habitatbäume ihre ökolgisch wichtige Funktion wahrnehmen können. Herr Münz erläuterte, dass alte Eichen ca. 1000 Tierarten beherbergen, alte Buchen ca. 600 und Fichten nur 300, was den Wert gerade solch alter Eichen für die Artenvielfalt unterstreicht.
Im Wald fallen die durch weiße Farbmarkierungen gekennzeichneten Bäume auf: Herr Münz erklärte, dass ein weißer Ring bedeutet, dass dieser Baum nicht gefällt wird, sondern als Habitatbaum sein Lebensalter erreichen darf. Ein weißer Punkt kennzeichnet die Bäume, die in Zukunft gefördert werden sollen, um später wertvolles Holz z.B. für Fournierwerke zu liefern. Weiße Striche an den Bäumen kennzeichnen die Rückeschneisen: Waldwirtschaft ohne Einsatz von Maschinen ist heute nicht mehr denkbar, damit aber die durch die Maschinen hervorgerufene Verdichtung und Schädigung des Bodens begrenzt bleibt, werden bei jedem Maschineneinsatz dieselben Rückeschneisen benutzt.
Weiter bachaufwärts zeigte Herr Münz ein ca. 4 ha großes Waldstück, welches schon vor seiner Zeit von der Stadt Waiblingen aus der Bewirtschaftung herausgenommen wurde und sich seit dieser Zeit als Minibannwald entwickeln kann. An einer vor ca. 10 Jahren umgestürzten alten Buche erläuterte Herr Münz sehr anschaulich, wie wichtig gerade auch solch alte, langsam vermodernde Stämme für die Artenvielfalt sind. Als Beispiel hatte er vor der Führung an genau diesem Stamm einen Feuersalamander gefunden, den er den staunenden Gästen präsentieren konnte, ein Höhepunkt der Führung. Zu allem Überfluss tauchte gleich noch ein zweites Prachtexemplar an diesem Buchenstamm auf. Gleichzeitig hörte man einen Schwarzspecht, der auch auf alte dicke Bäume angewiesen ist und ein Qualitätsmerkmal für einen naturnahen Wald ist. Seine geräumigen Höhlen können später von anderen Arten genutzt werden.
Sehr anschaulich konnte man dieser Stelle auch erkennen, wie durch das Umstürzen solch eines Baumriesen plötzlich Licht nach unten auf den Boden kommt und durch Naturverjüngung ein Mischwald mit verschiedenen Laubbaumarten nachwächst, bestehend z.B. Buche, Ahorn, Esche oder Eiche oder auch Tanne. Der selten gewordene Hirschkäfer z.B. benötigt alte, vermodernde Eichenstämme, er braucht von der Eiablage bist zum Käferstadium sechs Jahre. Deshalb ist für sein Überleben solches Eichen-Totholz dringend erforderlich. Überhaupt hat man in der Forstwirschaft den Wert von Alt- und Totholz, stehend oder liegend für den Naturschutz erkannt und lässt deshalb im Wald die nicht verwertbaren Stämme und Äste liegen. Gerade ein so in den Augen mancher Waldbesucher unaufgeräumt aussehender Wald ist aus Sicht der Naturschutzes besonders wertvoll. Auf die Frage, ob dieses Alt- und Totholz nicht Probleme mit Waldschädlingen bereite, erläuterte Herr Münz, dass dies in Laubwäldern gar kein Problem sei. Probleme z.B. mit der massenhaften Vermehrung der Borkenkäfer habe es vor allem in Nadelholz-Monokulturen gegeben, z.B. im Bayrischen Wald, wobei Borkenkäfer nicht in das Totholz, sondern in lebendes Holz oder gerade gefällte Stämme gehen.
Die Forstwirtschaft arbeitet heute hauptsächlich mit Naturverjüngung, was in den meisten Fällen sehr gut funktioniert, und nur in Ausnahmefällen werden noch Pflanzungen durchgeführt. Herr Münz konnte hier als Beispiel eine Fläche zeigen, auf welcher der Sturm Lothar den dort ehemals vorhandenen dem Standort nicht angepassten Fichtenwald umgeworfen hatte, und wo sich nur durch Naturverjüngung ein artenreicher standortgemäßer Laubmischwald gebildet hat. Das Ziel der Forstwirschaft ist es, von den früheren Monokulturen insbesondere aus Fichten wegzukommen und den Wald in einen Mischwald mit einem hohen Laubholzanteil zu entwickeln.
Die Jagd in den Wäldern von Waiblingen, Korb, Weinstadt und Remshalden ist verpachtet, alle drei Jahre überprüft Herr Münz, ob der Wildbesatz angepasst ist oder ob die Verbissschäden, besonders durch Rehwild problematisch sind und ein höherer Abschuss erforderlich ist. In seinem Revier gibt es in dieser Hinsicht kaum Probleme. Auf die Frage, wie es mit dem Schwarzwild sei, erläuterte Herr Münz, dass die Wildschweine im Wald ganz unproblematisch seien, dass die Schäden auf den landwirtschaftlichen Flächen, z.B. in Maisfeldern das Problem seien, die im Sommer und Herbst von den Wildschweinen aufgesucht und umgewühlt werden.
In dem Revier kommen als Wildtiere vor: Rehe, Sauen, seit Ausrottung der Tollwut auch wieder Füchse und Dachse, vereinzelt Hasen, die eher die Feldflur bevorzugen, dann Bussarde, Habichte oder Waldkauz, der Schwarzspecht und dann natürlich die verschieden Arten von waldbewohnenden Singvögel, u.a. Zaunkönig, Goldhähnchen, Kleiber, Meisen und viele andere.
Die BUND-Ortsgruppe bedankt sich hiermit nachmals ganz herzlich bei Herrn Münz für diese interessante Führung, die Beantwortung der vielen Fragen und sein Engagement für unseren heimischen Wald.

Bildergalerie

 
 
Startseite